Dank eifriger Kommentatoren im Netz wissen wir: “Vegan ist teuer” und nicht jeder kann es sich leisten. Aber stimmt das auch oder ist das nur Anti-Vegan-Propaganda?
Wie teuer ist es wirklich?
Ja, Vegan kann teuer sein. Wenn man jeden Tag Ersatzprodukte auf den Teller legt. Das liegt an:
- geringer Nachfrage
- hohem Verarbeitungsgrad
- oft Bio-Bestandteilen
- Hype
Natürlich freuen sich die gewinnorientierten Unternehmen über den Vegan-Hype. Das ist toll, weil es so mehr authentische Ersatzprodukte gibt, die am Ende vielleicht Tierleben retten könnten, aber das macht den Lebensstil im alten Konsummuster eben teurer – wenn du nicht eh schon immer Bio eingekauft hast.
Ich kenne kaum Veganer_innen, die das wirklich regelmäßig kaufen. Eher mal zum Kosten, meist ist die “Ersatzmilch” das teuerste beim veganen Einkauf. Grundnahrungsmittel sind das Zauberwort.
Was ist bitte preiswerter als Kartoffeln, Reis, Nudeln oder lokales und saisonales Gemüse und Obst? Damit kommt man locker auf seine Nährstoffe und wird satt. Schön abwechslungsreich und “lokale” Superfoods wie Broccoli, Haferflocken, Leinsamen und Hefeflocken einbauen.
Klar, kannst du dir den ganzen Tag auch Avocados, Quinoa, Mangos und Passionsfrüchte auf den Teller legen. Aber macht das jemand? Nur Veganer? Glaubst du, dass das Angebot an Avocados in jedem Tante Emma Laden für die 1% Veganer_innen in Deutschland so immens gewachsen ist?
Fleisch als Grundnahrungsmittel?
Es ist immer wieder zu Debatte, ob Fleisch nicht endlich mal mit 19 statt 7% besteuert werden sollte. Mit 7% werden Grundnahrungsmittel besteuert, mit 19% alle “Luxus”artikel. Das Gegenargument: Weniger Menschen könnten sich Fleisch leisten. Die knapp 4 Millionen Hartz4-Empfänger_innen schon gar nicht.
Der Graslutscher hatte mal nachgerechnet: Würden die Bedürftigen vom Staat 20€ extra bekommen, um die zusätzlichen Kosten durch die erhöhten Steuern (13%) zu decken, dann würden 78 Millionen Euro Schulden entstehen. Würde im gleichen Maße Fleisch gekauft werden, würden satte 5 Milliarden (!) Euro in die Kassen über die Steuergelder fließen. Finde ich recht eindeutig.
Ganz davon abgesehen denke ich nicht, dass diese läppische Steuererhöhung sich bei einem deutschen Durchschnittseinkommen von 3400 Euro und 2/3 über 2500 Euro bemerkbar machen würde.
Vegan mit Hartz4
Ja, die Lebensumstände mit Hartz4 sind alles andere als toll und niemand sollte so leben müssen. Ich habe selbst damit (davon?) gelebt und weiß, wie es ist, kein Geld für irgendwas zu haben. Toast mit Käse-Salami-Ketchup-Topping, Reis mit Salz und Paprikapulver, ab und zu mal Minutensteak-Geschnetzeltes aus der Grabbeltheke in Sahne ertränkt. Schrippen mit Butter und Marmelade waren mein Luxus.
Damals war bei mir an Vegan nicht zu denken. Eher habe ich nach einem langen Abend heimlich Schnitzel mit anderen Omnis im Bett eines Veganers gegessen. (Grüße gehen raus an meine damalige WG! Sorry, S.!)
Wenn ich aber richtig zurück denke, dann hat mein Mitbewohner als Studi von 500€-BaVög ohne Elternzuschuss neben der Miete auch vegan gelebt hat und mit uns um die Häuser gezogen ist, ohne uns wegen seiner Lebensumstände auf der Tasche zu liegen. Und ich hätte es sicher auch geschafft.
Wenn ich jetzt an mein Leben denke, dann komme ich als Einzelperson mit 150 Euro im Monat mit Essen klar. Dabei habe ich noch nicht einmal die guten Ratgeber wie Vegan aber günstig (Patrik Bolk), Vegan Super Easy (Ilja Lauber) oder Christian (Samuel) Pörzels Vegane Welt mit wenig Geld: Gesund am Existenzminimum gelesen. Achtung bei Pörzels Youtube-Kanal Raw Spirit: Schwurbel-Extrem-Alarm – aber das Buch ist ein guter Ratgeber. Auch bei der Peta (bei aller Kritik) gibt es ein passendes Angebot.
Ich beschränke mich weitgehend auf Grundnahrungsmittel, mache viel selbst. Das kostet Zeit bei der Zubereitung, spart aber ziemlich Geld. Natürlich kaufe ich auch Tofu oder Wurst- und Käseimitate oder mal ein Erbsenproteinpatty. Finde ich lecker, ist aber Luxus, wie Fleisch in der Mischkost – sprengt dann eben die 150€. Das B12-Supplement ist da auch noch nicht eingerechnet. Aber Zeit haben die meisten H4-Empfänger_innen in meinem Umfeld genug zur Selbstverpflegung. Hatte ich auch.