Du bist gerade vegan geworden (oder interessierst dich dafür) und weißt gar nicht, was diese „veganen Fachbegriffe“ alle bedeuten? Kein Problem, ich helfe dir kurz mal aus.
Reminder: Einige Begriffe werden oft im Zusammenhang mit Veganismus genannt, beschreiben aber eigenständige und unabhängige Denkmuster und Überzeugungen, lassen sich jedoch mit vegan oft kombinieren. Durch schlechte Berichterstattung der großen Medienhäuser denken deswegen zu viele, dass Vegan mit Low Carb oder Glutenfrei einhergeht – was natürlich Blödsinn ist.
Ernährungsformen
Veganismus
Der Veganismus ist eigentlich eine Lebenseinstellung, Philosophie und Ideologie (keine Religion), in der so gut es geht Tierleid und -tod verhindert werden soll – was nicht heißen soll, leidfreies Töten wäre okay. Ein_e Veganer_in verzichtet auf Tier in der Nahrung, aber auch für Kleidung, Kosmetik und alle anderen Belange im Leben. Die pflanzliche Ernährung ist ein wichtiger Teil, Veganismus geht aber noch einen Schritt weiter. Die ursprüngliche Definition, nach der die ethisch motivierten Veganer_innen leben, findest du bei der Vegan Society. Oft wird Vegan mit pflanzlicher Ernährung gleichgesetzt, du solltest es aber unterscheiden.
Es fehlt nach aktuellem Kenntnisstand Vitamin B12 in der pflanzlichen Ernährung. Das lässt sich mit Supplementen umgehenl. Alles zu Vitamin B12 kannst du hier lesen.
Plantbased
Ein Trend aus den USA und eine Bewegung, die sich idR. aus gesundheitlichen Gründen rein pflanzlich ernährt. Tierprodukte im Leben (Leder, Wolle etc.) sind nicht wie beim Veganismus ideologisch ausgeschlossen. Auch hier sollte eine sichere B12-Quelle beachtet werden. In Deutschland zählt auch das als „vegan“.
Vegetarismus
Beim Vegetarismus kommt kein Fleisch auf den Teller. Je nach Ausrichtung (Ovo, Lacto) werden Milch oder Eier auf dem Teller noch akzeptiert, weil dafür kein Tier direkt stirbt. Strenge Vegetarier_innen ernähren sich rein pflanzlich.
Frutarismus
Frutarier_innen gehen eine Stufe weiter als Veganer_innen, das Wort setzt sich aus Fruit und Vegetarier zusammen. Sie ernähren sich rein pflanzlich, verzichten aber auf Nahrungsmittel, die die Pflanze komplett zerstören würden und essen nur die Früchte. Vor allem Wurzelgemüse (ebenso Knollen) untersagt. Manche verzichten auch auf Blattgemüse oder essen nur heruntergefallenes Obst. Die Pflanze darf durch den Verzehr nicht komplett sterben.
Viele Frutarier entwickeln je nach Nahrunsauswahl einen Nährstoffmangel. Auch hier muss auf Vitamin B12 geachtet werden.
Pescetarier
Pescetarier_innen essen kein Fleisch, dafür aber alle anderen Nahrungsmittel tierischen Ursprungs. Vor allem kommt hier auch Fisch auf den Teller.
Flexitarier
Menschen, die sich selbst als Flexitarier bezeichnen, sind Mischköstler, die bewusst wenig tierische Produkte (va. Fleisch) essen und oft zusätzlich auf die Qualität und Herkunft achten. Die meisten Flexitarier beschwichtigen mit der Bezeichnung nur ihr Gewissen.
Mischköstler / Omnivore
Ein_e Mischköstler_in in der westlichen Welt isst nicht nur Pflanzen, sondern auch tierische Produkte wie Milch, Eier, Gelatine, Honig und Fleisch (inkl. Fisch). Der „normale deutsche Bürger“.
Rohkost
Bei der Rohkost wird das Essen nicht oder nur sehr gering verarbeitet und nicht über 42°C erhitzt. Rohköstler_innen können sich mischköstlich oder vegan ernähren.
Ein gewisser Anteil der täglichen Nahrung als Rohkost ist gesundheitlich nicht nachteilig. Von kompletter Rohkost raten Ernährungsgesellschaften weltweit ab. Ohne Erhitzen sterben beispielsweise Bakterien nicht ab, Giftstoffe werden nicht komplett aus Hülsenfrüchten durch Einweichen oder Quellen entfernt und einige Nahrungsmittel können nicht gut verdaut und Nährstoffe herausgezogen werden.
Paläo
Bei der Steinzeitnahrung werden nur Nahrungsmittel konsumiert, die angeblich auch in der (Alt)Steinzeit vorhanden waren. Es wird je nach Unterart auf Milch und Getreide verzichtet, auch auf industriell verarbeitete Lebensmittel mit Zucker oder Alkohol.
Einige der Grundannahmen der Paläo-Ernährung von 1975 wurden bereits widerlegt, andere sind noch in der Schwebe. Die Ernährungsweise basiert auf den Ansichten einiger weniger Menschen und muss ernährungsphysiologisch nicht nachteilig sein.
Low Carb / Ketogen
Es werden keine (Ketogen) oder nur sehr wenige (Low Carb) Kohlenhydrate gegessen, dafür wird vermehrt auf Fette und Eiweiße (Proteine) gesetzt. Der Körper zieht die Fettreserven als Energiequelle ran, der Körper kann (!) so abnehmen.
Das kann wie andere Ernährungsformen auch positiven Einfluss auf die Gesundheit nehmen und wird vor allem für Diabetiker diskutiert. Aber auch in der Krebsforschung gibt es positive Ergebnisse auf bestimmte Arten. Das heißt aber nicht, dass es allgemeingültig ist. Je nach Ausprägung und Vorerkrankung kann es so auch zu Mängeln kommen.
High Carb
Das Gegenstück zu Low Carb ist High Carb, bei dem vermehrt Kohlenhydrate gegessen werden und so Körpergewicht reduziert werden soll. Gesundheitlich kann es auch nachteilig sein.
Clean Eating
Die Nahrungsmittel sind beim Clean Eating unverarbeitet, verzichten auf Zusatzstoffe und es gibt viele kleine Mahlzeiten am Tag. Bei der Auswahl der Lebensmittel wird nicht nach Tier und Pflanze unterschieden, wobei es natürlich auch einen veganen Ausläufer gibt.
Manche essen verarbeitete Lebensmittel, wenn nicht mehr als 5 Zutaten drin enthalten sind, beispielsweise fertige Saucen. Es wird auf „ungesunde“ Fette (z.B. Chips) und leere Kalorien (Zucker, Weißmehl) verzichtet. Verpflichtend ist für die meisten das Frühstück.
Makrobiotik
Die Makrobiotik ist eine Lebenseinstellung nach altgriechischem Vorbild, die ein langes und gesundes Leben verspricht – mit dem heutigen Wissensstand allerdings eher fraglich. In der japanischen Ausführung verzichten Makrobiotiker_innen auf tierische Produkte. Nahrungsmittel sollen ähnlich wie beim Clean Eating unverarbeitet (naturbelassen) sein und regional und saisonal sein. Je nach Ausführungsort kann das zu Mangel von Jod oder Selen führen. Natrium und Kalium spielen eine wichtige Rolle in dieser Ernährung und bilden das Yin und Yang.
Die alten Lehren basieren auf Fehlschlüssen, etwa, dass der Mensch Vitamin C selbst im Körper herstellt. Außerdem soll nur sparsam Flüssigkeit zu sich genommen werden, was sich nachteilig auf die Nierenfunktion auswirken kann. Nachtschattengewächse sind zu vermeiden, auch Kaffee, schwarzer Tee, Alkohol, stark verarbeitete Lebensmittel, Konserven oder Tiefgekühltes. Letzteres hat nachweislich oft mehr Vitamine als Gemüse aus dem Supermarkt, weil es direkt nach der Ernte eingefroren wird und nicht erst transportiert und gelagert wird.
Vitamin B12 ist auch hier Mangelware und sollte supplementiert werden.
Lebenseinstellungen
Nachdem ich den Veganismus aus populären Gründen mit bei der Ernährung einsortiert habe, folgen nun die verschiedenen Einstellungen gegenüber den Tieren.
Tierschutz
Von Tierschützern wird ein sog. artgerechtes Leben wird angestrebt. Wie artgerecht ein Leben in Massentierhaltung oder für die bloße Nahrung des Menschen sein kann, wird hier selten diskutiert. Arten sollen erhalten werden, „Nutztiere“ sollen weniger Leid durch bessere Haltungsbedingungen empfinden, direkte Quälerei wird abgelehnt.
Tiere dürfen in den Augen Tierschützer unter den „richtigen Bedingungen“ gehalten, für Nahrung getötet oder für die Unterhaltung ausgenutzt werden. Oft werden durch die Ökonomie (Wirtschaftlichkeit) Verbesserungen gering gehalten oder DIE (geforderten) Gesetze sind Nebelkerzen.
Tierrecht
Tierrechtler entscheiden nicht nach dem Nutzen, den ein Tier dem Menschen bringt. Keine Tierart soll über die andere gestellt werden. Die Art der Tiernutzung als sog. Haustier, sog. Nutztier oder sog. Wildtier werden kritisiert.
Es werden theoretische Fragen gestellt, welche Rechte ein Tier haben sollte, welche Pflichten. Leid soll verringert werden, im besten Fall abgeschafft. Bestehende Strukturen werden kritisiert, da Tierleid oft auf zu geringen finanziellen Mitteln basiert. Tierversuche sind beispielsweise billig, aber bei weitem nicht immer nötig – wenn überhaupt.
Die Auseinandersetzung ist theoretisch und soll Denkanstöße und Lösungen bieten. Die sog. Nutztierhaltung wird komplett abgelehnt.
Tierbefreiung
In der Tierbefreiung geht es um direkte Aktionen. Konkret heißt das: Tiere aus Missständen befreien oder deren Leid verhindern. Dazu zählt nicht nur Schlachthöfe und Ställe besetzen oder nachts Individuen befreien (und/oder deren Leid dokumentieren), sondern auch Jägerstände und Jagden sabotieren, Angler beim Fischen stören.
Dabei werden oft bewusst Gesetze gebrochen, um Leid oder Tod zu verhindern. Ob Gewalt oder Sachbeschädigung ein legitimes Mittel für zivilen Ungehorsam und direkte Aktionen sind, spaltet die Bewegung.
Tierethik
Ein Grundpfeiler des Veganismus und der philosophischen Auseinandersetzung mit Tierrechten. Welche Rolle spielen (nichtmenschliche) Tiere in der aktuellen Gesellschaft, werden sie ungerecht behandelt oder wird ihr Status gering geschätzt, wie darf ein Tier für menschliche Interessen genutzt werden?
Wenn du dich mit Tierethik und der Diskussion dahinter beschäftigen willst, schau mal bei den besten veganen Büchern in der Abteilung Tierethik vorbei.
Was fehlt?
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[…] Vegan bezeichnet den Verzicht auf tierische Produkte in allen Lebensbereichen, zum Beispiel bei der Nahrung, Kleidung, Kosmetik etc. […]