Wer vegan lebt, der wird nicht nur immer wieder unverhofft bevormundet, lächerlich gemacht oder gar angefeindet, sondern der steht auch immer wieder unter Generalverdacht, wenn es um extreme Lebensweisen geht. “Ich finde Veganismus schon ziemlich extrem!” – na, hast du den Spruch schon einmal gehört oder gelesen? Sicherlich. Aber stimmt das auch?
“Vegan ist extrem”
Ein wirklich schwieriges Thema für mich. Würde ich die Uhr ein paar Jahre zurück drehen, dann bin ich mir sicher, dass ich das auch mindestens einmal gesagt habe. Da wurde auch kein Gedanke an „vegan“ verschwendet.
Eine unglückliche Erfahrung mit einem vermutlich schlechten Burger hatte mich zum Vegetarier gemacht, eine Reihe von nachfolgenden Impulsen dann letztendlich doch zum Veganer.
Ich habe bei Freunden gesehen, dass es kein Problem ist. Das hat mir auf jeden Fall geholfen, meinen Weg hierher zu finden.
Die Pro-Vegan-Propaganda im Netz tat ihr übrigens, vor allem aber Filme wie Cowspiracy und Gabel statt Skalpell und Earthlings. Leider haben die etwas gemeinsam: Pro-Vegan ist leider oft nur Cherry Picking und dann nichtmal immer korrekt zitiert, wie die Filme auch. Dennoch waren es wichtige Schritte auf meinem Weg, auch wenn die Ernüchterung danach umso größer war. Deswegen sollte an erster Stelle die ethische Motivation stehen, dann fällst du auch nicht mehr so leicht zurück in alte Muster oder hat “schwache Momente”.
Aber wie kommst du dazu, so “extrem” zu leben?
Du findest Tierprodukte fast überall. Milch im Kaffee. Käse auf der Pizza. Frischkäse zum Brot. Ei im Kuchenteig. Joghurt. Honig. Gummibärchen. Es ist einfach nicht aus dem westlichen Leben wegzudenken. Überfluss auf Kosten anderer Lebewesen. Da werden für den vorherrschenden Standard nicht nur andere Menschen ausgebeutet, sondern auch Milliarden von Tieren. Es sterben im Monat mehr Tiere für den Menschen als es Menschen auf dem ganzen Planeten gibt. Das muss du dir mal versuchen vorzustellen! Realisieren ist schlicht nicht möglich, weil die Zahl unvorstellbar hoch ist.
Extrem!!!
Findest du das auch extrem, wenn man beschließt, sein Lebensstil nicht auf dem Tod oder Leid anderer Wesen aufzubauen?
Die ausgebeuteten Menschen und Tiere haben sich ja nicht aktiv dafür entschlossen, für dich zu sterben oder zu leiden. Frag mal eine Kuh, ob du von ihr eine Scheibe abschneiden darfst. Oder die Milch entführen, die eigentlich für das eigene Kind von der Natur vorgesehen ist. Die wird dir was husten. Auf der anderen Seite lieben Menschen ihre Haustiere – gegessen werden die nie und nimmer. Nicht in unseren Breitengraden. Streichelzoos werden gern mit Kindern besucht, verpflegt wird sich 200m weiter mit Burger oder Currywurst. Wie kann man das Kindern antun? Streichel mal das Schwein und iss dann dein Schnitzel! Fuck, for real?
Lange Zeit habe ich das überhaupt nicht realisiert, wie paradox das ist. Wie komisch ist es denn, die Muttermilch einer anderen Spezies im großen Stil zu “ernten”, um diese dann selbst zu trinken. Oder irgendwo zu verarbeiten? Oder die Menstruation von Hühnern zu essen? Oder das über Monate angesammelte Winterfutter der Bienen mit Zucker zu tauschen?
Reicht vegetarisch nicht auch schon aus?
Ist es nicht extrem, wenn man das alles tut? So richtig viel Leid verbreiten, weil es ja so natürlich und evolutionsgegeben ist? Wer Earthlings schauen kann, ohne zu zucken und sich dann noch ein Tier selbst schlachten kann, bitte. Trotzdem tötest du ein Lebewesen, dass nicht für dein Überleben sterben muss. Sondern nur für deinen Luxus. Alle anderen sollten beim nächsten Mal lieber nochmal beim Einkaufen oder Bestellen nachdenken, was sie grad tun. Es ist so einfach mittlerweile, auf tierische Inhaltsstoffe zu verzichten. Die Umgewöhnung ist nach ein paar Wochen abgeschlossen und danach kein wirkliches Problem mehr – für das eigene und die anderen Leben.
Kühe leiden sogar noch länger, wenn sie Milch geben müssen. Deswegen sind Vegetarier auch keine Engel. Denn die Kühe stehen nicht nur im Stall und werden 1-2 Jahre gemästet und dann geschlachtet, sondern werden kontinuierlich geschwängert und dann wird das Kalb nach 0-5 Tagen entfernt, damit die Milch für den Menschen zur Verfügung steht. Ganz natürlich. Das Kalb kommt auf künftige Burger und Dönerspieße. Wenn die Kuh nach 4-6 Jahren ausgelaugt ist, kommt sie zum Schlachter. Freiwillig, versteht sich. Und alles ist durchgerechnet, ohne die Querfinanzierung von „Abfällen“ durch andere Industrien (wie Milch, Gelatine) wäre das alles nicht so preiswert.
Dazu ein gutes Bild von Quarks:
TL;DR
Versteh mich bitte nicht falsch: Jeder Schritt ist wichtig und gut. Schon das Glas Milch weniger in der Woche ist ein wichtiger Schritt! Aber Vegetarismus ist keine Lösung für die Tiere, sondern maximal für die eigene Gesundheit. Und damit ist sie für mich ein (richtiger) Schritt in das vegan Leben. Versuchs einfach mal. Es ist wirklich einfacher als man denkt und die Vorteile überwiegen dem einen Nachteil (B12-Supplementation, die auch bei den Tieren in Massentierhaltung passiert, die 98% des Fleisches am Markt ausmachen. Ganz natürlich.)
Klasse geschrieben! Es braucht viel mehr solche Seiten, die nicht den ganzen Veganen Müll ohne jegliche Prüfung auf Wahrheitsgehalt verbreiten.
Danke! <3