Veganer Aktivismus ist wichtig, man muss aber wissen, ob man dafür bereit ist. Das hier ist keine allumfassende Anleitung für den richtigen oder falschen Aktivismus.
WICHTIG: Ich möchte nicht zu Straftaten aufrufen, sondern nur informieren.
Allgemeine Gedanken
Wikipedia meint dazu:
„Als Aktivist wird eine Person bezeichnet, die in besonders intensiver Weise, mit Aktivismus, für die Durchsetzung bestimmter Absichten eintritt.“
Ich denke, dass trifft es ganz gut.
Bist du schon Aktivist_in? Stehst du schon für eine Sache ein? Gegen übermäßige, staatliche Überwachung? Für Umweltzonen in Städten? Gegen Kapitalismus? Für mehr Feminismus oder Emanzipation? Bessere Arbeitsbedingungen für alle? Warum eigentlich nicht auch für die Tiere?
Wenn etwas falsch läuft, kannst du mit anpacken.
Am Ende laufen die meisten Aktivismusformen aber auf einen Nenner raus: Informationen. Vor allem: Freie Informationen. Frei wie in Freiheit, nicht wie in Freibier. Du musst nur deinen Weg finden.
Muss ich veganen Aktivismus betreiben?
Soll alles so bleiben wie jetzt? Dann beende genau hier den Artikel und schau dir ein Katzenvideo auf Youtube an.
Möchtest du, dass zukünftig etwas anders läuft, lies weiter.
Ohne Aktive hätte es in der Vergangenheit keine Veränderungen gegeben. Eine_r hat immer angefangen. Ein Mensch kann viel verändern. Du könntest diese Person sein.
Absolut individuell ist aber die Aktionsform. Deswegen solltest du dir vorher ein paar Fragen stellen:
- Wieviel Zeit kann ich investieren?
- Wieviel Kraft kannst du opfern, ohne dich aufzuopfern?
- Als Einzelkämpfer_in oder in einer Gemeinschaft?
- Welche Aktionsform passt für dich?
Ich stelle dir ein paar Varianten vor, wie du dich für den Veganismus oder Tierrechte einsetzen kannst.
Aktivismusformen
Nachfolgend zeige ich dir die veganen Aktivismusformen, die ich kenne und was ich davon halte.
Nicht alle finde ich gut, andere betreibe ich selbst.
Einige Aktionsformen erreichen mehr Menschen als andere. Manche sind radikaler, ziehen eventuell Unmut auf dich und die vegane Bewegung, helfen aber den Tieren direkt. Hier solltest du gut abwägen.
Stiller Aktivismus
Du bist vegan, es weiß nur keine_r. Du lebst vor dich hin, willst nicht anecken, meidest Konfrontationen. Vielleicht isst du sogar aus Scham oder Konfliktvermeidungsdrang etwas unveganes wissentlich mit? Du möchtest bloß nicht als Missionar_in dastehen und bringst dir lieber dein Essen selbst mit, statt in der Kantine nach einer veganen Option zu fragen/verlangen?
Stillschweigen hilft der Bewegung leider nicht. Wenn von dir keine_r erfährt, dass vegan leben im Alltag problemlos möglich wäre (wenn denn alle mitspielen), dann muss jemand anders den Funken weitertragen.
Wenn du allerdings nur in Ruhe gelassen werden willst, bleib dabei. Veganer Aktivismus ist nicht für jede_n – vielleicht denkst du in ein paar Monaten schon anders. Dann komm gern nochmal hier vorbei. Führe Gespräche mit veganen und nicht-veganen Freunden über das Thema, was sie denken.
Leckeres Essen
„Was, das war vegan?“, wenn du den Spruch schon einmal gehört hast, ist vielleicht as Essen dein Weg. Für andere Kochen und Backen ist nie verkehrt – wenn es dann noch schmeckt und anderen zeigt, dass vegan nicht „graue Tofupampe“ bedeutet, umso besser.
Probiere dein Können ruhig auch außerhalb deiner Familie oder Freunden aus, vielleicht bei Kollegen. Oder auf einem Straßenfest – vielleicht gibt es sogar ein rein veganes Straßenfest in deiner Stadt? Geh einfach mal hin und probiere dich aus.
Müll sammeln
Saubere Umwelt heißt gesunde Tiere – zumindest laufen sie weniger Gefahr, durch Müll und Hinterlassenschaften von unachtsamen Menschen krank zu werden oder zu sterben. Nimm immer einen kleinen Müllbeutel und ggf. einen Handschuh mit. Wenn du auf eine Wiese in der Stadt gehst, bei Wanderungen in der „Natur“, mit Freunden am See. Jeder Kippenstummel,jede Plastikverpackung weniger können Leben retten. Und es ist einfach nebenbei erledigt.
Online
Bist du eher schüchtern und hast keine Lust auf Konfrontation von Angesicht zu Angesicht (wie ich), dann ist das Internet vielleicht dein Ding. Kommentarspalten, Blogs, Artikel, Videos … es gibt reichlich Möglichkeiten. Vielleicht gibt es auch eine (Online-)Zeitung, die deine Worte bezahlt?
Das Internet funktioniert nur scheinbar in Echtzeit. Du kannst dir bei deinen Antworten deine Texte genau überlegen und auch nochmal saubere Quellen nachchecken und evtl. sogar verlinken. Wenn alles zu viel wird, machst du deinen Computer aus und ziehst dich erstmal ohne weitern Schaden zurück.
Allerdings kannst du auch ignoriert, geblockt, gelöscht, herabgewürdigt oder von einer Trollarmee überrannt werden. Wenn du, wie ich, eher kritisch unterwegs bist (und das auch gegenüber veganen Märchen), lohnt sich vielleicht ein Pseudonym.
Infostände / Flyer
Wann hast du das letzte Mal den Flyer gelesen, der dir beim Vorbeilaufen in die Hand gedrückt wurde? Meiner Erfahrung nach landen die eher im Müll als im Geiste.
Auch bei Infoständen á la „Kennen Sie schon unseren Messias?“ ist das Interesse der Menschen eher gering.
Dennoch gibt es die Form des Aktivismus noch. Ich halte ihn aber nicht für wirklich lohnenswert. Zusätzliche Infoflugblätter mit weiterführenden Webadressen nach einer Diskussion sind aber sicher nicht verkehrt. Veganer Aktivismus geht aber auch moderner.
Bildungsarbeit
Ein sehr wichtiger Punkt ist: Bildung. Auch wenn der Spruch echt angestaubt ist, aber „Kinder sind unsere Zukunft“. Wenn Kinder nicht unkommentiert mit dem Schnitzel im Mund aufwachsen, sondern damit konfrontiert werden, dass da mal Leben drin steckte und es heute nicht mehr notwendig ist, sieht die Sache schnell anders aus. Drumerum war ein ganzes Tier, das dafür sterben musste und davor wahrscheinlich gelitten hat – die Entscheidung fällt leichter im Jugendalter, als wenn schon zu lange Muster erlernt wurden und die Aufgabe in der Gesellschaft erfüllt wird.
Ein guter Verein ist Mensch Tier Bildung aus Berlin, die in Schulen oder Jugendzentren Workshops und Infotage veranstalten und Vorträge halten. So etwas sollte es Republikübergreifend geben. Und ich wünschte, dass es das auch schon „zu meiner Zeit“ gegeben hätte.
Straßendiskussion / Cube of Truth
Die Origanisation „Anonymous for the Voiceless“ ist bekannt für ihren Cube of Truth. Dabei stehen maskierte Aktivisten hinter Bildschirmen und zeigen stumm grausame Szenen aus Schlachtereien oder Massentierhaltung. Ein anderes Team spricht die Menschen drumherum gezielt darauf an. Ein bekannter und guter AftV-Aktivist ist der Youtuber Earthling Ed.
Wenn man es richtig anstellt, dann kann man damit viele Einzelpersonen erreichen. Vielleicht nicht sofort, aber es ist durch geschickte (gelernte) Gesprächsführung möglich, jemanden auf das Leid hinzuweisen.
Ich finde die Masken eher unheimlich und würde nicht an diese Menschen herantreten, auch könnte ich wohl nicht so gut argumentieren, vor allem bei Unbelehrbaren. Kudos, wenn du der Typ dafür bist.
Demonstrationen
Gemeinsam mit anderen treffen und lautstark deine Position vertreten. Andere aufmerksam machen. Fahne schwenken, Banner tragen, Spüche vortragen, mitlaufen. Oder vor einem Pelzhandel Banner hochhalten. Für mich ist das veganer Aktivismus in Urform.
Das Demonstrationsrecht ist in Deutschland ein sehr hohes Gut, das wir wahrnehmen sollten. Und wenn es eine Demo zum Thema Tierrecht oder Veganismus gibt, solltest du dich anschließen. (Es sei denn, sie wird von Menschen organisiert, die nicht die gleichen Ziele wie du haben.
Hier solltest du vorher im Netz recherchieren, ob die Organisatoren nicht krude Ansichten verfolgen.)
Aktionen / Blockaden
Blockaden werden gern bei Anti-Demo-Demos genutzt. Aber auch in der Tierrechts- und Tierbefreierszene werden beispielsweise Schlacht und Bauernhöfe oder Transportwege so blockiert, dass diese ihre tägliche Arbeit nicht ausüben können.
Hier kann es zur Räumung durch die Polizei kommen. Außerdem könnte je nach Schwere auch eine Freiheitsstrafe oder Schadensersatz auf dich zukommen, denn du fügst u.U. wirtschaftlichen Schaden zu. Hier ist Geld immer noch wichtiger als Leidvermeidung.
Aber auch PETA, Extinction Rebellion oder die Spaltgruppe Animal Rebellion machen mit Kunstblutaktionen, Spontandemos, Die-ins oder anderen Aktionen auf sich aufmerksam. Eine rechtliche Grauzone, unangemeldet kann das auch schonmal in Strafzahlungen enden.
Im unten verlinkten Video siehst du ein paar Aktionen von veganen Gruppen und wie die Menschen drumherum darauf reagieren. Bei einer Blockade sehen viele sich gestört und diese Menschen erreichst du damit wohl nicht. Allerdings muss laut einigen Aktivisten zu so drastischen Mitteln gegriffen werden, denn sonst merken die Menschen es nicht.
Dokumentation
Dokumentation von Grausamkeiten in Mastanlagen, Stallungen oder Schlachthöfen ist ebenfalls veganer Aktivismus. Man dringt ungesehen ein oder platziert eine versteckte Kamera – die Bilder werden dann medienwirksam auf Youtube und Co präsentiert.
Ariwa und Soko Tierschutz finde ich im deutschen Raum als gute Beispiele. Aus den Dokumentationen können Klagen gegen die Betreiber erfolgen. Die Bauernlobby versucht seit geraumer Zeit, diese Methoden gesetzlich zu unterbinden oder versucht es gleich mit Rufmord. Zum Glück bisher mit wenig Erfolg.
Tierbefreiung
Veganer Aktivismus bedeutet auch: Tierbefreiung. Es gibt verschiedene Gruppierungen, etwa die Animal Liberation Front (in Deutschland „Die Tierbefreier“), die sich selbst organisieren und Tiere aus ihren Misslagen befreien. Sei es aus der Massentierhaltung oder von privaten Züchtern, die Tiere besonders grausam halten oder behandeln.
Es ist zwar nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, wenn du 1-4 Hennen von 30000 rettest, aber immerhin haben die dann die Chance auf ein besseres Leben.
Manchmal vergessen Tierbefreier laut Gegenseite die korrekten Hygienemaßnahmen beim Stallbesuch, dann müssen u.U. alle sog. Nutztiere wegen eventuell unkontrolliertem Keimbefall im schlimmsten Fall notgeschlachtet werden. Bisher gibt es aber keine bestätigten Fälle. Wer soetwas plant, sollte sich mit erfahrenen Besuchern verständigen, damit kein unnötiges Leid entsteht.
Hinweis: Bei Tierbefreiung wird nach deutschem Recht Diebstahl (und mehr) begangen.
Zerstörung
Eine Methode, die ich im Sinne des Pazifismus strikt ablehne: Zerstörung von Infrastruktur zur Tierhaltung oder der Vertrieb. Technik sabotieren, Transporter zerstören, Metzgerscheiben einschmeißen, Jägerstände umschmeißen oder Anlagen anzünden. Das hilft eventuell für den Moment, langfristig dürfte das eher der Bewegung bzw. dem Zweck schaden. Hier solltest du gut abwägen, welche Taten sinnvoll sind und mit deiner Ethik vereinbar sind und wirklich gut abwägen. So ziemlich alles dürfte nach deutschem Recht als Straftat gewertet werden.
Ich weiß, die allgemeine Lage ist zum Kotzen. Es gilt sich aber in solchen Momenten nicht nur von der Wut oder Verzweiflung leiten zu lassen. Ein umgeworfener Jägerstand ist aber sicherlich weniger schlimm als ein angezündetes Haus.
Aufkleber oder Graffities gelten u.U. auch als Sachbeschädigung. Deswegen würde ich niiiieeeehiieeeemals dazu raten. Aufkleber zählen für mich auch genau genommen nicht zur Zerstörung, da nichts kaputt geht.
Video
Hier nochmal das angesprochene Video, in dem ein FUNK-Reporter vom Youtube-Kanal Reporter sich verschiedene Aktionen von veganen Aktivist_innen ansieht. Besonders solltest du die Reaktion der Leute auf die Bahnblockade ansehen und deine eigenen Schlüsse draus ziehen.
Grad über Facebook hierher geschwappt. Cooler Artikel! Ich finde generell, dass Kleben zu kurz kommt. Die gibt es bei einschlägigen Kollektiv-Mailordern mit Compassion im Namen zu bestellen.