Kann ich als Veganer*in Ärzten trauen?

Warst du du schon einmal beim Arzt oder in der Apotheke und hast gesagt, dass du Veganer*in bist? Oder noch schlimmer: Du warst mit deinem Kind beim Kinderarzt und hast verraten, dass du dein Kind vegan ernährst? Zeter und Mordio und absolutes Unverständnis sind die übliche Reaktion von den Halbgöttern in Weiß. Weißt du auch, woran das liegt?

Ich verrate dir ein Geheimnis!

Ein Arzt lernt in seinem jahrelangen Studium NICHTS über pflanzliche Ernährung.

Im Netz und im reellen Leben habe ich ein paar Doktor*innen befragt, wie es in ihrem Studium aussah. Eine hatte immerhin eine (!) Vorlesung, also ca. 1,5 Stunden, über Ernährung allgemein. Für 6 Jahre Grundstudium schon viel. Denn drei anderenhaben davon nie etwas im Studium gehört. Es gibt Universitäten, die haben Ernährung als Kurs, die sind aber die Ausnahme.

Ich hatte durch 10 Umzüge wechselnde Hausärzte, keine*r hat vegane Ernährung befürwortet. Keine*r hatte davon etwas im Studium. Keine*r hatte sich damit neben der Arbeit beschäftigt, wie sie es für verschiedene (neue) Krankheiten, Medikamente und Behandlungsmethoden tun müssen. Es gibt sicher Ausnahmen.

Meine Erfahrung soll hier nicht für die allgemeine Ärzteschaft stehen. Und da ist das Problem.

Heißt das nun, dass du Ärzt*innen nicht trauen kannst?

Auf keinen Fall!

Allgemeinärzt*innen müssen eine enorme Vielfalt  von „Krankheiten“ im Kopf haben. Vor allem die üblichen Wehwehchen von Husten, Schnupfen und Magen-Darm kann dir dein Hausarzt wohl einiges hoch- und runterbeten. Für schlimmere Krankheiten gibt es dann Spezialisten, an die du überwiesen wirst.

Bei Ernährungsfragen sind die meisten dann aber doch recht schnell bei der „fachlichen“ Meinung: Veganer haben ganz klar Mängel. Eisen, Proteine, Kalzium, Jod, Vitamin D, Vitamin B12 … die Liste ist lang. Das das grober Unfug ist, muss ich hoffentlich keinem sagen. Sonst bitte hier nochmal (weiter unten) nachlesen.

Das Problem bei der Sache ist aber, dass die Ärzte sich dafür hätten weiterbilden müssen. Das machen sie auch, aber eben andere Sachen, die für sie täglich wichtiger erscheinen. Ernährung haben die einfach oft nicht auf dem Schirm und sagen dir das, was sie irgendwie in der durchaus ge-bias-ten Fachpresse aufschnappen. Das soll keine Entschuldigung für deren Unwissen sein, aber du solltest es mal gehört haben. Manche scheren auch noch alle über einen Kamm: „Ich hatte mal eine Patientin, die war Vegetarierin, die war klinisch fast tot …“

Ausnahmen

Es gibt sie! „Halbgötter in weiß“ mit Ahnung von Ernährung Ahnung. Und die interessieren sich auch dafür. Der VeBu bzw. ProVeg hat ein Verzeichnis erstellt, aber nicht in jeder Stadt hat man Glück. Leider ist die Liste auch nicht so aktuell und wenig Ärzte lassen sich da eintragen. Deswegen auch ruhig mal ein paar potenzielle Ärzt*innen zur Telefonsprechstunde anrufen und eine kurze Frage stellen: „Ich bin noch nicht Patient bei ihnen, bevor ich sie aber besuche, möchte ich gern ihren Standpunkt zur veganen Ernährung erfahren.“

Sagt er/sie dir: „Eine gut geplante, vollwertige, pflanzliche Kost ist in jeder Lebenslage gesund“, kannst du ohne zu Zögern hingehen. Bei anderen Antworten musst du selbst abwägen. Konfrontation ist auf jeden Fall nicht schlecht, sonst merken „die“ es nie, dass da Bedarf besteht.

Den Satz sagen auch Ernährungsgesellschaften weltweit – außer der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, der DGE. Könnte mit der Nähe zur Milchlobby (Achtung: pro-vegan schwurbelnder Link) zusammenhängen und weil sie den Bürger für unmündig halten. Wenn die DGE umdenkt und endlich von ihren nicht wirklich konkreten Studien als Argumentationsfundament aus den 1990ern abrückt, dann könnte sich für alle was ändern.

Kardiogram

Aus der Not eine Tugend machen

Mich hatte die Albert Schweitzer Stiftung in diesem Artikel über die DGE auf den Gedanken gebracht. Das muss alles kein Nachteil sein, dass DGE und Ärzte so rückständig argumentieren. Dadurch ist man gezwungen, sich selbst Wissen über seine Ernährung anzueignen. Denn: Wie man lecker pflanzlich kocht und am Ende keinen der besagten „Mängel“ aufweist, wissen die meisten Veganer*innen sehr gut.

Das ist klasse! Und echt nicht einfach – vor allem am Anfang. Man hat es komplett selbst in der Hand. Wichtig: Glaube bitte auch mir nicht alles blind. Netzkompetenz! Oder kauft gute Bücher zum Thema. Ganz aktuell kann ich Niko Rittenaus „Vegan Klischee Ade“ empfehlen.

Frag im Zweifel einen veganen Ernährungsberater um Rat. Hier findest du weitere vegane Buchempfehlungen.

Ergo: Ärzte = doof?

Um eurer eigenen Gesundheit willen: Glaubt bitte nicht daran, dass Ernährung alle Krankheiten heilen kann. Holt euch nach Möglichkeit mehrere Meinungen, ehe ihr zum ersten Hochstapler rennt, der euch fragwürdig und ggf. falsch behandelt. Du brauchst nicht für jede Krankheit wirklich Tabletten, manchmal tut es auch ein guter (!) Heilpraktiker. Hier gibt es extrem viele Hochstapler, die euch das Blaue vom Himmel lügen. Also: Menschenverstand nutzen und nicht aus Verzweiflung alles glauben. Dann doch lieber zum studierten Arzt.

Frag im Zweifel einen, der viele, viele Menschen tagtäglich behandelt und vermutlich manchmal mehr Ahnung hat als du oder das Internet.

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Nutripunk.de ist kein Arzt und ersetzt keine ärztliche Beratung. Es gibt maximal Tipps aus eigener Erfahrung, die nicht allgemeingültig sind. Wenn du krank bist: Geh zum Arzt und such nicht im Netz nach Lösungen!

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